Funktionelle Ursachen
Als häufigste Ursache wird in der Literatur “Stimmabusus” (übermäßiger Gebrauch, “Stimmmissbrauch”) beschrieben (ca. 55%), als zweithäufigste Ursache Nasenatmungsbehinderung (ca. 36%). Auch Verhaltensweisen wie Hyperaktivität, Ängstlichkeit und Dominanzverhalten wurden bei stimmgestörten Kindern nachgewiesen. Falscher und übermäßiger Stimmgebrauch kann zwar Ursache einer Stimmstörung sein, dieser hat selbst aber auch eine, meist psychosoziale, Ursache, die es zu ergründen gilt. Vermehrte Aggression, Ängstlichkeit und Frustration sind als Auslöser aber auch als Folge einer kindlichen Stimmstörung nachgewiesen worden. Außerdem wurden auch „Kopfgelenk induzierte Symmetrie-Störungen“ (KISS) als Ursache für Stimmstörungen festgestellt (Voigt-Zimmermann, 2018).
Organische Ursachen
Organische Stimmstörungen können aufgrund angeborener oder erworbener organischer Veränderungen, sekundär (zuerst war eine funktionelle Stimmstörung vorhanden) organischer Veränderungen, traumatischer oder hormoneller Ursachen entstehen.
funktionelle Stimmstörungen
Die häufigste Stimmstörung (ca. 90% aller kindlichen Stimmstörungen) ist die funktionelle Stimmstörung. 10% aller Patient*innen, die ärztlich vorgestellt werden, sind Kinder. Ca. 6% aller Kinder haben eine Stimmstörung, wobei hier in der Literatur sehr unterschiedliche Angaben vorliegen (von 0,12-35%).
Jungen sind häufiger betroffen als Mädchen (3:1).
organische Stimmstörungen
Knötchen (Verdickungen auf den Stimmlippen) sind mit ca. 40-50% aller Stimmstörungen bei Kindern die häufigsten organischen Veränderungen. Stimmlippenpolypen und –zysten machen 10-30% der organischen Stimmstörungen bei Kindern aus. Häufig entstehen organische Stimmstörungen aufgrund von Entzündungen (z.B. Kehlkopf, Rachen-, Mandelentzündungen), die aber mit Abheilung der Entzündung wieder verschwinden. Wird allerdings keine Stimmruhe eingehalten und die Stimme bei einer Entzündung übermäßig eingesetzt, dann können hieraus chronische Stimmstörungen entstehen. Organische Stimmstörungen können aber auch sekundär durch einen falschen Gebrauch der Stimme (zu lautes und/oder zu langes Sprechen) entstehen.
Bei kindlichen Stimmstörungen können folgende Symptome auftreten:
- Veränderungen des Stimmklangs (heiser, rau, gepresst, angestrengt, behaucht, aphon, …)
- Einschränkung der Leistungsfähigkeit der Stimme, ohne dass organische Veränderungen des Stimmorgans ersichtlich sind
- Resonanz und Lautstärke sind eingeschränkt
- Stimmlage ist vertieft oder erhöht
- beim Sprechen wird eine Schnappatmung hörbar
- flache Atmung
- Haltemuskulatur ist schwach oder zu stark ausgebildet
- Schmerzen und Missempfindungen
Aus funktionellen Stimmstörungen können auf Dauer ohne Behandlung (in 80% der Fälle) organische Veränderungen (Knötchen) entstehen.
Eltern sollten bei Verdacht auf eine Stimmstörung und bei Heiserkeit, die länger als 3 Wochen dauert, ohne dass ein akuter Infekt vorliegt, einen HNO-Arzt/ eine HNO-Ärztin oder einen Phoniater/ eine Phoniaterin zur Abklärung der Ursache aufsuchen.
Beushausen, U. (2009). Kindliche Stimmstörungen. Ein Ratgeber für Eltern und pädagogische Berufe. Idstein: Schulz-Kirchner.
Beushausen, U. & Haug, C. (2011). Stimmstörungen bei Kindern. München: Reinhard Verlag.
Böhme, G. (2003). Sprach-, Sprech-, Stimm- und Schluckstörungen. Band 1: Klinik. 4. Auflage, München: Urban & Fischer.
Garcia Martins, R.H. et. al. (2012). Dysphonia In Children. Journal of Voice, 5(16), DOI: 674.e17-674.e20.
Ribeiro, A. (2006). Funktionelle Stimmstörungen im Kindesalter. Idstein: Schulz-Kirchner.
Spital, H. (2004). Stimmstörungen im Kindesalter. Ursachen, Diagnose, Therapiemöglichkeiten. Stuttgart: Thieme.
Voigt-Zimmermann, S. (2018). Stimmstörungen bei Kindern: Interdisziplinärer Konsens für ein komplexes Störungsbild, Spektrum Patholinguistik, 11, 15-31.
dbl-Materialien
Die Verlinkung zur aktuellen Leitlinie zum Thema „Stimmstörungen“ finden Sie hier.