Knowledge Base | 03.01.2025
Auditive Verarbeitungs- und Wahrnehmungsstörung (AVWS)
Die auditive Verarbeitung und Wahrnehmung umfasst das Wahrnehmen akustischer Reize (auch, wenn sie von Störgeräuschen verdeckt werden), sowie das Unterscheiden, Wiedererkennen und Auswerten von akustischen Signalen (Ptok, Kiese-Himmel & Nickisch, 2018).
Auditive Verarbeitungs- und Wahrnehmungsstörungen (AVWS), auch auditive Verarbeitungsstörungen (AVS) genannt, sind Störungen der Wahrnehmung und Verarbeitung gehörter Informationen auf zentraler Ebene
(im Bereich des Hirnstamms und des auditorischen Kortexes im Gehirn). Dabei liegt weder eine Störung des Hörorgans (Ohrmuschel, Trommelfell, Mittelohr, Innenohr, Hörnerv), noch eine Intelligenzminderung vor.
Der Prozess der Weiterverarbeitung von Gehörtem wird in auditive Teilfunktionen unterteilt, die in unterschiedlicher Art und Ausprägung betroffen sein können. Zu den auditiven Teilfunktionen gehören:
- Lokalisation (Richtung und Entfernung der Schallquelle)
- Diskrimination (Unterscheiden)
- Selektion (Herausfiltern) und
- Dichotisches Hören (beidohriges Hören)
Als Ursachen werden medizinische Faktoren oder Umwelteinflüsse vermutet. Bei den medizinischen Ursachen werden langanhaltende Mittelohrentzündungen im frühen Kindesalter, frühkindliche Hirnschädigungen oder Hirnreifungsverzögerungen diskutiert.
Ursachen können oft nur vermutet und nicht klar belegt werden.
Als mögliche negative Umwelteinflüsse kommen sowohl ein Unter- (zu wenig kommunikative Beschäftigung mit dem Kind) als auch ein Überangebot (langanhaltender Fernsehkonsum, parallele Gespräche zu Radio- oder Fernsehkonsum) an auditiven Sprachreizen in Frage.
Etwa 2-3% aller Kinder weisen Probleme mit der zentral-auditiven Verarbeitung auf. Dabei sind Jungen doppelt so häufig betroffen wie Mädchen.
Häufig treten Auffälligkeiten in Zusammenhang mit Sprachstörungen auf.
Es ist allerdings unklar, ob AVWS Teil einer Sprachentwicklungsstörung sind oder ein eigenständiges Störungsbild darstellen. Oft werden sie erst im Verlauf einer Sprachentwicklungsstörung bemerkt.
Beispiele
- Bei einer Selektionsstörung (Herausfiltern von Information) kann beispielsweise ein Gespräch mit einer Person schwerer oder nicht mehr verfolgt werden, wenn gleichzeitig Hintergrundgeräusche, wie Verkehrslärm, zu hören sind. Kindern mit einer Selektionsstörung fällt es z.B. schwer, in der Schule bei Umgebungslärm Laute aus Wörtern herauszufiltern, d.h. sie verstehen dann nicht, was die Lehrer*innen sagen.
- Bei einer Störung der Diskrimination werden z.B. ähnlich klingende Laute oder Silben (z. B. /p/ – /b/ oder /pa/ – /ba/) nicht als unterschiedlich wahrgenommen. Dies kann dazu führen, dass Gesprochenes nicht verstanden oder auch missverstanden wird.
Besteht der begründete Verdacht auf eine auditive Verarbeitungs- und Wahrnehmungsstörung, sollten Eltern ärztlichen und logopädischen Rat suchen. Sofern eine spezielle ärztliche Untersuchung des zentralen Hörens notwendig ist, sollte frühzeitig ein Termin vereinbart werden, da viele Untersuchungszentren lange Wartelisten haben, damit jedes Kind ausführlich untersucht werden kann.
Hammann, C. (2022). AVWS – Auditive Verarbeitungs- und Wahrnehmungsstörungen bei Schulkindern. Idstein: Schulz-Kirchner Verlag GmbH.
Lauer, N. (2014). Auditive Verarbeitungsstörungen im Kindesalter. Grundlagen – Klinik – Diagnostik – Therapie. Stuttgart: Thieme.
Lupberger, N. (2007). Auditive Verarbeitungs- und Wahrnehmungsstörung im Kindesalter: Ein Ratgeber für Betroffene, Eltern, Angehörige und Pädagogen. Idstein: Schulz-Kirchner.
Ptok, M., Kiese-Himmel, C. & Nickisch, A. (2018). Leitlinie „Auditive Verarbeitungs- und Wahrnehmungsstörungen“: Definition. HNO, DOI: 10.1007/s00106-018-0598-y.
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