Die Sprachentwicklung ist Teil der kognitiven Entwicklung und wie aus sprachvergleichenden Untersuchungen hervorgeht in allen Sprachen vergleichbar. Man spricht hier auch von “universell”. Die Unterschiede bestehen darin,
- welche Lernmöglichkeiten sie haben und
- mit welcher Geschwindigkeit sie dies tun.
Der Spracherwerb setzt mit der Entwicklung der nicht-sprachlichen (non-verbalen) Kompetenzen ein.
Das Kind lernt, dass es zwischen den Äußerungen der Bezugspersonen und den Gegenständen und Handlungen einen Bezug gibt. Bevor das erste verständliche Wort geäußert wird, versteht ein Kind schon sehr viele Wörter und Aussagen, weil es damit Erfahrungen (im Spiel und Alltag) gemacht hat und sie einordnen kann. Daher ist die Entwicklung des Spiel- und Sozialverhaltens für den Spracherwerb so wichtig. Von dem Moment an, ab dem das Kind beginnt sich lautlich zu äußern (Lallphasen), werden Bewegungsabläufe eingeübt, die die Grundlage für die Bildung der Laute und des Redeflusses sind.
Das erste gesprochene Wort um das erste Lebensjahr markiert den Beginn der Wortproduktion.
Kinder versuchen durch das Benennen von Gegenständen (“ato” – Auto) in deren Besitz zu gelangen und/oder durch Formulierung von Forderungen (“mehr”, “auf” oder “haben”), eigene Wünsche zum Ausdruck zu bringen oder durchzusetzen. Beide Verhaltensweisen können zu Beginn der ersten Äußerungen auftreten.
Je nachdem welche Absicht das Kind hat, wird es entweder etwas benennen oder fordern. Daher sind die ersten Wörter eines Kindes nicht immer “Benennwörter” (Nomen), sondern z.B. auch hinweisende Ausdrücke (“da”) oder Partikel von Verben (“auf”).
Zwischen dem 2. und 3. Lebensjahr “explodiert” die Sprachentwicklung (Wortschatzspurt)
d.h. Kinder erwerben hier in relativ kurzer Zeit sehr viele unterschiedliche Wörter (Ball-rund-werfen-oben-auf) und beginnen sie miteinander zu kombinieren (Satzbau).
Die Grammatikentwicklung setzt bestimmte Fähigkeiten auf Laut- und Wortebene voraus, z.B. unterstützt die Wahrnehmung unbetonter Laute wie /t/ oder /n/ den Erwerb der Verbendungen (singt – singen) oder der Erwerb von Artikeln (der), Nomen (Ball) und Verben (rollen) den Satzbau mit Subjekt (der Ball) und Verb (rollt).
Kinder wachsen in unterschiedlichen Umgebungen auf, die mal mehr oder weniger den natürlichen Spracherwerb unterstützen. So tragen Kinder bildungsferner Schichten nachweislich ein höheres Risiko sprachliche Auffälligkeiten zu entwickeln als andere Kinder.
Meilensteine der Sprachentwicklung
Geburt
Gehör:
- bereits im Verlauf des 5. Schwangerschaftsmonats herangereift und schon vor der Geburt funktionsfähig
- Fruchtwasser und Gebärmutterwand dämpfen Umgebungsgeräusche stark ab
- Neugeborene ziehen die Stimme ihrer Mutter anderen vor
- Sie sind stärker an menschlichen Stimmen interessiert als an mechanischen Geräuschen (z.B. lieber ein gesungenes Lied als eine Spieluhr)
Kommunikation:
- Geburtsschrei = erste hörbare Äußerung des Kindes
- Schreien bleibt stärkstes Ausdrucksmittel für einige Monate
- Zusätzlich Ausdrücken der Befindlichkeit durch Körpersprache: satt und zufrieden = entspannter Körper; Unwohlsein = Anspannung im gesamten Körper
Das Verhalten der Eltern:
- Sie sprechen von Anfang an mit dem Kind, obwohl sie wissen, dass es Sprache noch nicht versteht
- Sie passen ihre Sprechweise an die Reaktion des Babys an (Ammen-/Babysprache: höhere Tonlage, ausgeprägte Sprechmelodie, kurze Sätze, häufige Wiederholungen, gedehnte Vokale (a, e, i, o, u) und Lautmalereien)
1. Monat
Kommunikation:
- Schreien ist immer noch wichtigste Art, sich mitzuteilen
- Es entwickeln sich Unterschiede im Schreien (Müdigkeit, Hunger oder Schmerz sind erkennbar)
- Der Blickkontakt kann in wachen, zufriedenen Phasen schon einige Zeit gehalten werden. So drückt der Säugling das Interesse an seinem Gegenüber aus.
Sprechmelodie und Gefühle:
- In wachen, zufriedenen Phasen horcht das Baby, wie gesprochen wird
- Es reagiert auf bestimmte Sprechmelodien
- Durch tiefere, fallende Sprechmelodien lässt es sich beruhigen
- Durch steigende oder erst steigende, dann fallende Sprechmelodien wird es aufmerksam
- Das Kind versteht Gefühle, die über Zärtlichkeiten und Liebkosungen, aber auch über sprachliche Äußerungen vermittelt werden
Das Verhalten der Eltern:
- Sie passen das Verhalten intuitiv an den Zustand des Babys an
- Das Baby erfährt, dass bestimmte Sprechmelodien zu bestimmten Empfindungen ihres Körpers gehören à hier wird die Basis für das Sprachverstehen gelegt
2. Monat
1. Lallphase:
- Tritt etwa zwischen 6. und 8. Lebenswoche auf
- Gurren ist bei allen Kindern in allen Sprachen zu beobachten (auch bei Gehörlosen Kindern)
- Laute entstehen zufällig durch Muskelbewegungen in Mund, Hals und Kehlkopf
- Kind verbringt in wachen Phasen viel Zeit mit dem Ausprobieren, Wiederholen und Variieren à es betreibt regelmäßig Stimmübungen
Das gezielte Lächeln:
- Dies zeigt, dass das Baby die positive Botschaft verstanden hat
- Ab jetzt taucht das Lächeln gezielt als Reaktion auf Blickkontakt und liebevolle Ansprache auf
Das Verhalten der Eltern:
- Sie reagieren auf die Lautäußerungen des Kindes mit einer Antwort und initiieren damit die erste Form eines Dialogs
- Die Antworten der Eltern bestehen oft aus Imitationen oder Variationen dessen, was das Kind produziert hat. Dabei achten sie darauf, ein Gleichgewicht zwischen Wiederholung, Abwandlung und Neuerung anzubieten, da dies genau zur Aufmerksamkeit des Babys passt.
3. Monat