Knowledge Base | 04.02.2025
Fragen und Antworten zur Akademisierung
In den vergangenen Jahrzehnten hat sich der dbl für die hochschulische Ausbildung als Regelausbildung in der Logopädie engagiert eingesetzt. Der Akademisierungsprozess der Logopädie ist seit Einfügung der Modellklausel (2009) in das Gesetz über den Beruf des Logopäden (LogopG) stetig vorangeschritten. Die FAQs dienen dazu, die Fragen, die seitens der Mitglieder zur Akademisierung gestellt wurden, zu beantworten.
Welche Position nimmt der dbl zur Akademisierung ein?
Der dbl setzt sich dafür ein, die Logopädieausbildung grundsätzlich hochschulisch zu gestalten (Vollakademisierung) und somit für eine akademische Erstqualifikation als grundständige und primärqualifizierenden Ausbildung (Beschluss der dbl Mitgliederversammlung vom 04.06.2010). Mit dem Bachelorabschluss ist somit die Berufsqualifizierung als Logopädin verbunden.
Die Forderung des dbl ist es, spätestens mit Ablauf der Modellklausel 2024 (§ 11 LogopG1) zum einen die Modellstudiengänge in reguläre Studiengänge zu überführen und zum anderen bundesweit die Logopädieausbildung in eine hochschulische Ausbildung umzuwandeln.
Das dbl-Positionspapier zur Forderung der primärqualifizierenden hochschulischen Ausbildung ist
hier zu finden.
Ist der dbl der einzige Berufsverband, der sich für die Vollakademisierung einsetzt?
Seit 2016 besteht der Arbeitskreis (AK) Berufsgesetz Logopädie/Sprachtherapie. Gemeinsam mit den
anderen Berufsverbänden der Logopädie/Sprachtherapie, den Hochschul- und Berufsfachschulvertretungen und Expert*innen verschiedener Hochschulen setzt sich der dbl dafür ein, ein einheitliches Berufsgesetz für die Logopädie/Sprachtherapie zu schaffen. Dieses Berufsgesetz beinhaltet die regelhafte
hochschulische Ausbildung für die Logopädie/Sprachtherapie als einzige Ausbildungsform als Forderung.
Mehr Informationen sind zu finden unter
https://www.arbeitskreis-berufsgesetz.de/
2019 entstand das interdisziplinäre Bündnis Therapieberufe an die Hochschule Home – Bündnis Therapieberufe. Das Bündnis besteht aus Berufsverbände der drei Berufsgruppen der Ergotherapie, Logopädie und Physiotherapie sowie Hochschul- und Berufsfachschulvertretungen. Ebenso wie der AK
Berufsgesetz fordert das Bündnis die Vollakademisierung und den berufsqualifizierenden Bachelorabschluss und dies für alle drei Berufsgruppen.
Seit wann ist es möglich, Logopädie zu studieren?
Begonnen hat es mit dem Diplom-Studiengang Lehr- und Forschungslogopädie an der RWTH Aachen (1991/1992). Dieser Studiengang war für alle Logopäd*innen mit berufsfachschulischem Abschluss offen. Ebenso war der Studiengang konzipiert, der an der HAWK Hildesheim 2001 begann. Die berufsfachschulische Ausbildung wurde und wird dort zum Teil dem Studium angerechnet (3 Semester).
2009 wurde die Modellklausel in das „Gesetz über den Beruf des Logopäden (LogopG)“ eingefügt (§ 4 Abs. 5 – 7). Die Modellphase endete am 31.12.2024; dies bedeutet, dass die Logopädieausbildung als regulärer Studiengang (ohne Modellcharakter) ab 2025 hochschulisch angeboten werden kann. Den Bundesländern und den Hochschulen ist es damit möglich, die vorhandenen Studiengänge als reguläres Studienangebot auszubauen oder neue für die Logopädie aufzubauen, unter Zugrundelegung des LogopG und der LogAPrO.
Bei diesen Studiengängen berechtigt die staatliche Prüfung, die ebenfalls nach 6 Semestern abgelegt werden muss, zur Führung der Berufsbezeichnung (§ 1 LogopG) und Ausübung der beruflichen Tätigkeit als Logopäd*in. Der erfolgreiche Abschluss dieser Studiengänge endet mit der Erlangung des Bachelorgrades (Bachelor of Science BSc).
Wie sehen die Ausbildungsmöglichkeiten in der Logopädie in Europa aus?
Deutschland ist das einzige Land, in dem die Logopädie sowohl als schulische und als hochschulische Ausbildung angeboten wird. In Europa und international bildet die hochschulische Ausbildung den Standard.
Die europäische Angleichung der Ausbildung in Deutschland zu erreichen, war 2008 einer der Gründe für die gesetzliche Vorlage für die Modellklausel.
Wie lange dauert das berufsqualifizierende Studium der Logopädie?
Die Bachelorstudiengänge der Logopädie, die entsprechend der Modellklausel aufgebaut wurden und seit dem 01. Januar 2025 in den hochschulischen Regelbetrieb übernommen wurden, umfassen 7 bis 8 Semester, je nach Ausrichtung.
Wird die praktische Ausbildung in den Studiengängen ebenso vermittelt, wie der derzeit an den Berufsfachschulen der Fall ist?
Die Logopädiestudiengänge sind an die Regelungen des LogopG und der LogAPrO gebunden. Neu ist die Regelung, dass die praktische Ausbildung an der Hochschule von 2100 auf 1900 Stunden verringert werden kann. Alle anderen gesetzlichen Regelungen der praktischen Ausbildung gelten ansonsten für die berufsfachschulische und die hochschulische Ausbildung. Die Gesamtstundenzahl der logopädischen Ausbildung von 3840 Stunden bleibt ebenso erhalten.
Wird die praktische Ausbildung auch in dem geforderten neuen Berufsgesetz für die Logopädie berücksichtigt werden?
Natürlich und in jedem Fall. Die hochschulische Ausbildung soll ebenso die praktische Ausbildung gewährleisten, wie es derzeit der Fall ist. Mit dieser Forderung hat sich der AK Berufsgesetz und das Bündnis Therapieberufe bereits an die Politik gewandt und wird dies auch weiterhin nachhaltig vertreten. Der AK Berufsgesetz hat in seiner
Gesetzesvorlage als wichtigen und selbstverständlichen Bestandteil integriert.
Welchen Vorteil bildet die Akademisierung für die Logopädie?
In den vergangenen Jahrzehnten hat sich die Logopädie ständig weiterentwickelt. Es wurden neue Diagnostiken und Behandlungen erprobt. Diese Weiterentwicklung erfolgte hauptsächlich durch die Arbeit von akademisierten Logopäd*innen/Sprachtherapeut*innen.
Forschendes und wissenschaftliches Arbeiten der LogopädInnen ist daran gekoppelt, dass Forschungsprojekte initiiert werden, sei es von der Logopädie selbst oder im interprofessionellen Rahmen.
Gelder für Forschungsprojekte, die der Qualitätsverbesserung der Patientenversorgung zugutekommt, werden nur für akademisierte Berufsangehörige bereitgestellt.
Nicht zu vergessen ist, dass die gesamte Ausrichtung der Logopädie auch in der Theorie zeitgemäß sein muss; das LogopG und die LogAPrO traten 1980 in Kraft und sind mittlerweile 45 Jahre alt. Veränderungen und gesellschaftliche Entwicklungen, wie z. B. die demografische Entwicklung, aber auch der Wandel des Krankheitsspektrums hin zur Multimorbidität, müssen in die Ausbildung integriert und vermittelt werden, in der Theorie genauso wie im Theorie-Praxis-Transfer. Dazu gehört auch die technische und digitale
Weiterentwicklung, die für die Logopädie bedeutsam ist und auch zukünftig sein wird.
Was spricht gegen die Teilakademisierung?
Teilakademisierung bedeutet, dass nur ein kleiner festgelegter Teil an Logopäd*innen akademisch ausgebildet werden würde und alle anderen berufsfachschulisch. Die Teilakademisierung, die derzeit besteht, da es hochschulisch und berufsfachschulisch ausgebildete Logopäd*innen und akademische Sprachtherapeut*innen gibt, könnte zu einer Spaltung der Berufsgruppen führen, wenn sie berufsgesetzlich verankert werden würde. In der Konsequenz könnte es dazu führen, dass die akademischen Kolleginnen
andere qualitativ verantwortungsvollere Tätigkeiten, Aufgaben zugeschrieben bekämen als die nicht akademisch Ausgebildeten. Dies entspräche nicht einer adäquaten Patientenversorgung, in der alle Therapeut*innen gleich ausgebildet sein sollten. Zu einer Aufteilung bzw. Spaltung g in der Logopädie will es der dbl nicht kommen lassen, sondern fordert eine einheitliche hochschulische Ausbildung für alle und somit die Vollakademisierung.
Wird es Übergangsregelungen geben?
Gesetzesänderungen dieser Art gehen einher mit Übergangsregelungen. Zum Beispiel wurde § 8 LogopG 1980 als Übergangsregelung für die auf landesrechtlicher Eben ausgebildeten Logopäd*innen geschaffen.
Der AK Berufsgesetz hat in seiner Gesetzesvorlage Bestandsschutz- und Übergangsregelungen formuliert (siehe
AK Berufsgesetzvorlage Seite 18/19)
Wie unterscheiden sich die derzeit bestehenden Studiengangsformen in der Logopädie?
Studiengänge (primärqualifizierend; bis 31.12.2024 die sogenannten Modellstudiengänge):
7 – 8 Semester, staatliches Examen im 6. Semester, anschließend Bachelorabschluss. Grundlage bilden LogopG/LogAPrO.
Ausbildungsintegrierendes Studium:
die berufsfachschulische Ausbildung und das Studium werden direkt an der Ausbildungsstätte gekoppelt, d. h. Berufsfachschule und Hochschule kooperieren miteinander. Die Primärqualifizierenden Studiengänge können in dieser Form angeboten werden. Ebenso Studiengänge, die begleitend zur Ausbildung ein Hochschulangebot integrieren und nach dem berufsfachschulischen Abschluss zwischen 3 und 4 Semester zu dem Bachelorabschluss führen.
Ausbildungsbegleitende Studiengänge:
während der Ausbildung zur Logopädin/zum Logopäden wird es ermöglicht, bereits an einer Hochschule ein begleitendes Studium zu absolvieren, dass nach dem
berufsfachschulischen Abschluss abgeschlossen wird. Die berufsfachschulische Ausbildung und das Studium sind nicht miteinander gekoppelt. Die Dauer des Studiums variiert zwischen 4 und 8 Semestern.
Additive Studiengänge:
additiv bedeutet, dass der berufsfachschulische Abschluss als Logopäd*in vorliegen muss, um dieses Studium zu beginnen. Je nach Ausrichtung (Vollstudium oder berufsbegleitend) variieren die Studiengänge und dauern zwischen 3 bis 8 Semester. Sie sind zumeist interdisziplinär ausgerichtet.
Siehe dazu auch die Übersichtliste zu Studiengängen 10_2024_Logopaediespez_Studiengaenge.pdf
Wie würde sich die hochschulische Ausbildung gestalten?
Die Forderung des dbl beinhaltet, dass die hochschulische Ausbildung als erste Stufe einen berufsqualifizierenden Bachelorstudiengang umfasst, inklusive einer staatlichen Prüfung, mit Berufszulassung. Die Bachelorabsolvent*innen würden direkt in die Patientenversorgung gehen können, wie es auch jetzt der Fall ist (siehe auch § 124 SGB V). Um die eigenständige Forschung und Wissenschaft zu gewährleisten, gehören zum hochschulischen Weg der Ausbau weiterer Masterstudiengänge, die Möglichkeit der Promotion und der Habilitation sowie der Bekleidung eigener Professuren für den Bereich der Logopädie.
Dies fordern ebenso der AK Berufsgesetz und das Bündnis Therapieberufe.
Zur historischen Entwicklung der Logopädie hat Frau Dr. Heidi Macha-Krau seit 1993 mehrere Artikel verfasst, die im Forum Logopädie seitdem erschienen sind.
Hier können Sie eine kurze Zusammenfassung zur Historie nachlesen.
Im forum:logopädie, Ausgabe 3/2014 ist kostenfrei der Artikel von Frau Dr. Macha-Krau “Ich will doch nur helfen” – Zur Emanzipation der Logopädie (S. 24) einzusehen.
Das forum:logopädie, Ausgabe 1/2013 befasste sich komplett mit der Akademisierung:
Der Arbeitskreis Berufsgesetz für die Logopädie/Sprachtherapie wurde im Januar 2016 auf Initiative des dbl gegründet. Alle Informationen, die bereits erstellten Dokumente finden Sie unter:
Die Artikel zur gesamten Historie sind veröffentlicht worden im forum:logopädie von 1993 bis 1995:
- FL 1993, Heft 4, S. 11-15 Entwicklung der Logopädie, Teil I
- FL 1994, Heft 2, S. 14-18 Entwicklung der Logopädie, Teil II
- FL 1995, Heft 1, S. 11-13 Entwicklung der Logopädie, Teil III
1991 gründete der dbl gemeinsam mit anderen Berufsverbänden die interdisziplinäre Arbeitsgemeinschaft der Medizinalfachberufe in Therapie und Geburtshilfe (AG MTG). Die AG MTG verfolgte seit ihrem Zusammenschluss 1991 bis 2018 das Ziel, die Berufsausbildungen der Mitgliederverbände zu akademisieren, um die weitere Professionalisierung dieser Berufe voranzutreiben.
Die Grundsatz- und Positionspapiere in den aktualisierten Fassungen finden Sie hier:
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