Ein Blick auf das Sondierungspapier von Union und SPD

Welche Rolle nimmt die Logopädie ein?
Nach den Neuwahlen am 23. Februar 2025 sind die Parteien CDU, CSU und SPD derzeit dabei, eine gemeinsame Regierung zu bilden. Nachdem die Sondierungsgespräche nun abgeschlossen sind, haben die Parteigremien grünes Licht für die Koalitionsverhandlungen gegeben. Und währenddessen schauen wir uns das veröffentlichte Sondierungspapier genauer an. Dabei steht für uns die Frage im Fokus: Wie ist es aus der Sicht der Logopädie einzuordnen?

Der dbl-Bundesvorstand bewertet das Sondierungspapier von CDU/CSU und SPD noch als zu wenig differenziert ausgestaltet. Neben guten Ansätzen – hervorzuheben sind hier besonders die Forderung nach früher Sprachdiagnostik und -förderung und die zum Bürokratieabbau – fehlen klare Vorhaben, um die Versorgung mit Logopädie zukunftsfähig zu gestalten.

Dagmar Karrasch, Vorsitzende des Deutschen Bundesverbandes für Logopädie, stell fest:  „Im Sondierungspapier werden sowohl klare Hinweise auf ein Problembewusstsein der Parteien als auch zarte Hinweise auf Lösungsansätze erwähnt. Diese sind jedoch meist sehr vage formuliert und lassen offen, ob hier überhaupt Handlungen geplant sind.”

 

dbl-Präsidentin Dagmar Karrasch © Carsten Paul

 

Sprachdiagnostik, Pflegereform und Bürokratieabbau

Richtig ist, dass eine frühere Sprachdiagnostik und bei Bedarf die frühe und richtige Versorgung mit Therapie oder Förderung angestrebt wird, wie sie in den Zeilen 370-378 erwähnt wird und dringend notwendig ist. Hier kann gerade die logopädische Ressource wertvoll und hilfreich sein, denn insbesondere bei mehrsprachig aufwachsenden Kindern werden Sprachentwicklungsstörungen oft zu spät erkannt oder nicht angemessen versorgt.

Dagegen kritisiert Karrasch, dass bei der Thematisierung der Pflegereform und der bedarfsgerechten Krankenhausversorgung die Therapieberufe nicht erwähnt werden. Ebenso fehlt ein Hinweis auf die überfällige Neufassung der veralteten Berufsgesetze der Therapieberufe: „Die Ausbildung der Logopädie gilt es zeitnah, einheitlich und primärqualifizierend hochschulisch zu regeln, um weiteren Schaden von den geschaffenen hochschulischen Strukturen und der Versorgung abzuwenden“, so die dbl-Präsidentin.

Erfreulicher ist dagegen zu lesen, dass der Bürokratieabbau vorangetrieben werden soll (siehe Zeile 152 – 157). Dies ist in der Logopädie ein längst überfälliges Angehen, das wir sehr begrüßen. Dazu mehr in unseren fünf Kernforderungen.

Fachkräftegewinnung und -sicherung

Auch die Passage zur Fachkräftegewinnung stimmt uns positiv. So heißt es: „Wir werden den gesamten Fachkräftegewinnungsprozess vereinfachen und durch umfassende Digitalisierung beschleunigen. Dabei beziehen wir die Berufsanerkennung ausdrücklich ein.“

Gut, aber noch zu unkonkret ist des Weiteren der Absatz: „Fachkräftesicherung: Die Sicherung der Fachkräftebasis ist ein entscheidender Faktor für den wirtschaftlichen Erfolg unseres Landes. Deshalb ziehen wir alle Register, damit Fachkräftesicherung in den nächsten Jahren gelingt.“ (Zeile 266-267)

Zusammenfassend können wir sagen, dass wir die einzelnen Ankündigungen positiv sehen, diese jedoch noch viel zu unkonkret sind. Hier stehen wir gerne den Parteien beratend zur Verfügung und freuen uns über einen konstruktiven Austausch.

So schlagen wir beispielsweise folgende Konkretisierungen vor:

  1. Die Einführung und Umsetzung eines neuen gemeinsamen Berufsgesetzes zur Regelung der primärqualifizierenden hochschuli­schen Ausbildung soll für alle Leistungserbrin­ger*innen in der Logopädie umgesetzt werden.
  2. Der Direktzugangs zur logopädischen Versorgung soll ermöglicht werden, sodass eine effiziente Versorgung durch frühzeitige und schnellere Erkennung lo­gopädischer Bedarfe, Diagnostik und Beratung stattfinden kann.
  3. Das Netzwerk Berufe im Gesundheitswesen (Netzwerk BiG) soll im Aus­schuss zur Weiterentwicklung der Leistungs­gruppen mit eingebunden werden, um die Expertise logopädischer und weiterer thera­peutischer Ressourcen in die Weiterentwick­lung des KHVVG einzubringen.
  4. Die logopädische Expertise soll bei der Konzep­tion und Durchführung präventiver Angebote in Bildungseinrichtun­gen mit eingeholt werden. In diesem Zusammenhang soll es erleichterte Voraussetzungen geben, um betroffene Kinder im interprofessionel­len Team dann versorgen zu können, wenn sie von der Konzentration am besten aufnahme­fähig sind. Das fördert die Früherkennung sprachlicher Auffälligkeiten sowie deren Behandlung und reduziert die Wartezeiten in logopädischen Praxen.
  5. Auch die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen in der logopädischen Versorgung müssen attraktiver gestaltet werden. Das führt u.a. zur Entlastung von unbe­zahltem Mehraufwand, allem voran zur Ab­schaffung der Prüfpflicht für Verordnungen und der Pflicht zum Einzug von Zuzahlungen.

Hintergründe und weitere Erklärungen zu den Kernforderungen können Sie hier abrufen.

Karraschs abschließende Botschaft an die Politiker*innen: „Schluss mit dem Stillstand der letzten Jahre und Mut zur Umsetzung vorliegender Erkenntnisse!“

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