Neue Regulierungsmodelle für den Zugang zur Heilmittelversorgung: Der Direktzugang zur Logopädie

2019 | Kröger, Liesa

Im deutschen Gesundheitssystem kommt der Heilmittelversorgung eine wichtige Rolle zu. Aufgrund demografischer Veränderungen wird eine weitere Bedeutungszunahme dieses Sektors prognostiziert. Die wachsenden Anforderungen an die Patientenversorgung erfordern eine Weiterentwicklung der Gesundheitsberufe und ihrer Aufgaben- und Tätigkeitsfelder. Auch vor dem Hintergrund der Fachkräftesicherung gewinnen innovative Arbeits- und Organisationsformen an Relevanz und rücken in das Blickfeld der politischen Ebene. Der Direktzugang als ein mögliches Regulierungsmodell ist in diesem Zusammenhang ein aktuelles und viel diskutiertes Thema. Es mangelt hier jedoch noch an Untersuchungen und Ansätzen aus der Public-Health-Perspektive.

Ziel dieser Arbeit ist es, die Möglichkeiten und Schwierigkeiten des Regulierungsmodells „Direktzugang“ aus Sicht der gesundheitspolitischen Akteure zu analysieren. Dabei sollen relevante Themen der deutschen Debatte identifiziert werden. Außerdem sollen die Konsequenzen dieses Modells auf Makro- und Mesoebene dargestellt werden. Hierfür wird der interdisziplinärer Multilevel-Ansatz des European Competencies Framework für the Public Health Workforce als theoretischer Rahmen zugrunde gelegt.

In dieser qualitativen explorativen Studie wurden ein narratives Literaturreview mit einer Dokumentenanalyse kombiniert. Aus internationalen Studien und nationalen Dokumenten wurden jeweils zentrale Kategorien abgeleitet. Die beiden Kategoriensysteme geben somit Aufschluss über die Schwerpunkte der internationalen und nationalen Perspektive auf den Direktzugang und ermöglichen eine vergleichende Sichtweise. Der Fokus lag auf Exploration der systemspezifischen Bedingungen der deutschen Diskussion um den Direktzugang.

Als charakteristisch für die deutsche Debatte zeigten sich vor allem die Themen „ärztliche Steuerung“, „Patientensicherheit“, die eng mit der „Qualifikation der Therapeut*innen“ in Verbindung steht und ökonomische Aspekte, wie „Wirtschaftlichkeitsverantwortung“ und „Mengenentwicklung“. Die Diskussion über den Direktzugang in Deutschland ist geprägt von der interessengeleiteten Perspektive der Akteure. In den Kategorien spiegeln sich die Arztzentrierung und die tradierten Rahmenbedingungen der Versorgung wider. Diese Strukturen auf Makro- und Mesoebene erschweren eine professionelle Entwicklung der therapeutischen Gesundheitsfachberufe sowie die Entwicklung interdisziplinärer Arbeitsformen, die auf Kooperation und der Neuverteilung von Aufgaben basieren.

Die Ergebnisse zeigen einen maßgeblichen Handlungs- und Forschungsbedarf. Die Erprobung neuer Regulationsmodelle für die Heilmittelversorgung erfordert eine ganzheitliche Perspektive, die alle Akteure auf den Ebenen des Gesundheitssystems integriert.


Zitation
Kröger, L. (2019). Neue Regulierungsmodelle für den Zugang zur Heilmittelversorgung: Der Direktzugang zur Logopädie. Frechen: forum-logopaedie.de
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