Einleitung: Bis heute ist wenig über den Langzeitverlauf der Aphasie bei Kindern und Jugendlichen und mögliche Prädiktoren für den Outcome bekannt (vgl. Martins, 2004). So spielen z.B. Onsetalter, Ätiologie oder auch Läsionsort möglicherweise eine entscheidende Rolle. Bei Kindern mit initialer Aphasie können gravierende Beeinträchtigungen persistieren und auch bei jenen, die mehrere Jahre postonset klinisch unauffällig erscheinen, sind subtile Sprachdefizite nachweisbar (vgl. Chilosi et al., 2008). Diese, häufig schriftsprachlichen Defizite, haben negative Auswirkungen auf den schulischen Erfolg und das soziale Umfeld (vgl. Martins, 2004; Hofmann Stocker, 1990, 1992).
Ziel: In dieser deutschsprachigen Followup-Studie zum Langzeitverlauf der Aphasie bei Kindern und Jugendlichen wird explorativ erfasst, in welchen Bereichen mehrere Jahre postonset Defizite persistieren.
Methode: Entsprechend der klinischen Routine werden 23 (15m, 8w) Kinder und Jugendliche (Alter: 3;0-14;11, MW 8.9), die durch eine akute Schädel-Hirnverletzung eine Aphasie erlitten haben, mehrere Jahre postonset (MW 4.3) untersucht. Neben medizinischen Kerndaten werden mit verschiedenen Tests (u.a. Aachener Aphasie Tests, Leseverständnistest für Erst- bis Sechstklässler) die sprachlichen Fähigkeiten erhoben. Ein Intelligenzquotient wird mit Hilfe einzelner HAWIK IV-Untertests hochgerechnet. Die Lebensqualität, die schulische, soziale und familiäre Situation werden mit Elternfragebögen erhoben.
Ergebnisse: Bei Kindern und Jugendlichen mit initialer Aphasie zeigen sich auch mehrere Jahre postonset zum Teil gravierende Defizite, vor allem im Bereich der Schriftsprache. Hier liegt z.B. das Schriftsprachverständnis im Mittel im unterdurchschnittlichen Bereich. Im Aachener Aphasie Test zeigt sich bei 50% der Kinder und Jugendlichen eine Aphasie. Einzelne durchlaufen die Schule ohne Schwierigkeiten, 60.9% haben mindestens ein Schuljahr wiederholt und 52.2% werden aktuell regelbeschult. Die Anzahl der Freunde ist aktuell signifikant geringer als prämorbid. Es zeigen sich
(hoch-)signifikante Korrelationen zwischen verschiedenen Untertests. Das Onsetalter und die Dauer der Aphasie haben im Gegensatz zur Dauer der Behandlung (Onset bis Entlassung aus der Reha-Klinik) keine signifikanten Auswirkungen auf die Leistungen.
Diskussion: Die Ergebnisse sind zum Teil sehr eindeutig, an einzelnen Punkten können jedoch auf Grund der kleinen und heterogenen Stichprobe keine befriedigenden Aussagen getroffen werden. Es zeigt sich, dass zur Diagnostik der Aphasie bei Kindern und Jugendlichen eine Kombination verschiedener Verfahren unabdingbar ist. Eine regelmäßige Verlaufskontrolle bis in das Erwachsenenalter ist ebenso notwendig wie weiterführende Forschung. Einige Erkenntnisse aus vorherigen Studien können weiter untermauert werden.
Zitation |
Friede, S. (2011). Langzeitverlauf der Aphasie bei Kindern und Jugendlichen - Sprache und Soziales Umfeld. Frechen: forum-logopaedie.de
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Probandenprofil (Einschlusskriterien) |
Die Stichprobe setzt sich aus Kindern und Jugendlichen zusammen, die im Alter zwischen 3;0 und 14;11 eine akute neurologische Schädigung (z.B. SHT, Encephalitis, Hypoxie, etc.) erlitten haben. Sie müssen zudem in den Jahren 2003-2009 in der St. Mauritius Therapieklinik Meerbusch im Anschluss an die Akutbehandlung mit Aphasie diagnostiziert und behandelt worden sein. Von den insgesamt 2085 Kindern und Jugendlichen, die in der St. Mauritius Therapieklinik in den Jahren 2003-2009 behandelt worden sind, erfüllen 57 die Einschlusskriterien[1]. Sie sind alle im Alter zwischen 3;0 und 14;11 Jahren akut schädel-hirnverletzt und auf Grund einer Aphasie behandelt worden. Diese 57 Kinder und Jugendlichen werden angeschrieben und zur Teilnahme an der Studie eingeladen. 6 (10.5%) Briefe können nicht zugestellt werden[2], 24 (42.1%) Kinder und Jugendliche melden sich nicht zurück, 4 (7.0%) sagen die Teilnahme ab und 23 (40.1%) Kinder können im Rahmen der Studie untersucht werden. [1] Von den 2085 Kindern erfüllen 1269 Kinder das Alterskriterium 3;0-14;11 Jahre und von ihnen wiederum sind 312 Kinder akut erkrankt/verletzt gewesen. [2] Die 6 Kinder und Jugendlichen, die nicht zur Teilnahme eingeladen werden können, werden ausgeschlossen.
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Probandenprofil Anzahl |
23
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Datenerhebung
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Fragebogen, Interview, Messung, Sonstiges: standardisierte Tests
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Eingesetzte Software
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PASW Statistics 18; Onlineprogamm „www.fon.hum.uva.nl“
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