Kultursensible logopädische Versorgung in der Krise – zur Relevanz sozialer Evidenz

Eine kritische Reflexion evidenzbasierten Vorgehens am Beispiel der kindlichen Sprachentwicklung bei Mehrsprachigkeit
2016 | Wiebke Scharff Rethfeldt

Das Ziel einer optimalen Versorgung von kulturell und linguistisch diversen Patienten (KLD) im Sinne einer evidenzbasierten Praxis stellt viele LogopädInnen vor eine Herausforderung, da ihre theoretischen Grundlagen und Denkmodelle an westlichen und einsprachigen Standards orientiert sind. Es zeigt sich ein Ungleichgewicht der drei EBP-Wissensquellen, insofern tendenziell die soziale Evidenz vernachlässigt wird. So werden z.B. für einsprachige und westliche Zielgruppen konzipierte Verfahren für die KLD angewendet, was als möglicher Bias wirken kann. Dabei könnte die umfassende Einbeziehung der sozialen Evidenz eine strukturelle Inäquivalenz, d.h. die Messung unterschiedlicher Konstrukte, und damit Fehldiagnosen verhindern. Neben der kritisch-reflektierten Rezeption von einsprachigen Standards geprägten etablierten Instrumenten und der Berücksichtigung der Belange der Patienten ist daher eine wechselseitige Auseinandersetzung mit dem eigenen kulturellen, linguistischen und professionellen Hintergrund erforderlich.


Zitation
Scharff Rethfeldt,W.(2016).Kultursensible logopädische Versorgung in der Krise, zur Relevanz sozialer Evidenz. Eine kritische Reflexion evidenzbasierten Vorgehens am Beispiel der kindlichen Sprachentwicklung bei Mehrsprachigkeit. Forum Logopädie, 5(30),38