Schwangerschaft
Bei Vorliegen eines generellen oder individuellen Beschäftigungsverbotes hat die schwangere Arbeitnehmerin Anspruch auf Weiterzahlung ihres bisherigen Durchschnittsverdienstes. Die Bemessungsgrundlage hierfür sind die letzten drei Monate bzw. 13 Wochen vor Eintritt der Schwangerschaft.
Arbeitgeber mit nicht mehr als 30 Beschäftigten sind am allgemeinen Umlageverfahren (U2-Verfahren) der gesetzlichen Krankenkassen beteiligt. Durch dieses U2-Verfahren wird dem Arbeitgeber auf Antrag das von ihm gezahlte Arbeitsentgelt für die Dauer des Beschäftigungsverbotes in voller Höhe sowie der Zuschuss zum Mutterschaftsgeld während der Schutzfristen vor und nach der Entbindung einschließlich der zu tragenden Beiträge zur gesetzlichen Kranken- und Rentenversicherung erstattet. Diesbezüglich beraten die Krankenkassen.
Wenn Ihre Mitarbeiterin in Kindertagesstätten oder auch mit Kindern im Vorschulalter arbeitet, sind besondere Vorsichtsmaßnahmen zu ergreifen. Denn es besteht für nicht immune Schwangere ein höheres Risiko, an bestimmten Infektionskrankheiten (Kinderkrankheiten) zu erkranken. Teilweise können Erreger Schäden bei der Mutter oder dem Kind verursachen.
Bei einer Tätigkeit in Kindergärten ist bezüglich Infektionsgefährdungen folgendes zu beachten:
- Röteln
Bei einer werdenden Mutter mit fehlendem Immunschutz muss ein Beschäftigungsverbot bis zum Ende der 20. Schwangerschaftswoche (SSW) ausgesprochen werden, wenn sie Umgang mit Kindern und Jugendlichen bis zum vollendeten 18. Lebensjahr hat. Jenseits dieser Altersgrenze ist nur bei Auftreten eines Erkrankungsfalles in der Einrichtung/Station/Abteilung ein befristetes Beschäftigungsverbot auszusprechen. Sie darf keine bekannt infektiöse Patienten (Erwachsene) behandeln oder pflegen. - Ringelröteln
Keine Impfung möglich, ein generelles Beschäftigungsverbot für nichtimmune (seronegative) Schwangere soll ausgesprochen werden. - Zytomegalie
Keine Impfung möglich, bei fehlendem Immunschutz ist ein Beschäftigungsverbot für den Umgang mit Kindern bis zum vollendeten 3. Lebensjahr auszusprechen, danach ist unter Beachtung der erforderlichen Schutzmaßnahmen eine Beschäftigung erlaubt. - Windpocken, Masern, Mumps
Beschäftigungsverbot für jede seronegative Schwangere für die gesamte Schwangerschaft. - Hepatitis B
Beschäftigungsverbot bei fehlendem Immunschutz und Tätigkeit in einer Einrichtung in einem Gebiet mit anzunehmender erhöhter Infektion der Bevölkerung (z.B. Kinder aus Familien ausländischer Herkunft, Kinder aus sozial schwachen Familien, z.B. Kinder von Drogensüchtigen...) oder auch bei bekannten Hepatitis B infizierten Kindern in der Einrichtung. - Keuchhusten, Influenza, Scharlach, Hepatitis A
Befristetes Beschäftigungsverbot beim Auftreten der Erkrankung in der Einrichtung bzw. einer Epidemie in der Region.
Bei sicherer Immunität gegen schwangerschaftsrelevante Infektionskrankheiten steht einer Weiterbeschäftigung der Schwangeren oder stillenden Mutter nichts entgegen.
Eine derartige Immunität kann und darf jedoch nur von einem Arzt festgestellt werden. Mittels eines entsprechenden Attests macht er dem Arbeitgeber Mitteilung darüber, ob die Mitarbeiterin weiter an ihrem Arbeitsplatz beschäftigt werden darf bzw. bei Schwangeren mit nicht ausreichender Immunität, welche Schutzmaßahmen zu ergreifen sind, z.B. Beschäftigungsverbot.
Grundsätzliches
Regelungen zum Schutz Schwangerer und stillender Mütter finden sich in verschiedenen Rechtsquellen. Von besonderer Bedeutung sind insbesondere das Mutterschutzgesetz (MuSchG), die Mutterschutzrichtlinienverordnung (MuSchRiV), das Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG) und die Gefahrstoffverordnung (GefStoffV). Zum 1.1.2018 erfolgte eine Reform des Mutterschutzgesetzes. Die Regelungen der MuSchArbV wurden in das MuSchG integriert.
Neu: Um den Arbeitsschutz zu verbessern und den Anforderungen nachzukommen, müssen Arbeitgeber seitdem im Rahmen der arbeitsschutzrechtlichen Gefährdungsbeurteilung für jeden Arbeitsplatz eine anlassunabhängige Gefährdungsbeurteilung, auch wenn am Arbeitsplatz keine Schwangere beschäftigt, fertigen. Das Ergebnis ist zu dokumentieren. Sobald der Arbeitgeber Kenntnis von einer bestehenden Schwangerschaft einer seiner Mitarbeiterinnen hat, müssen die mutterschutzrechtlichen Vorschriften beachtet und umgesetzt werden.
Arbeitgeber müssen das (neue) MuSchG allen Mitarbeiterinnen bekannt machen (Aushang oder Zugang zu elektronischer Informationsquelle).
Sobald eine Schwangerschaft vorliegt, muss der Arbeitgeber den Mutterschutz sicherstellen, die rechtlichen Vorgaben beachten und umsetzen:
Der Arbeitgeber muss die Aufsichtsbehörde (je nach Bundesland das Gewerbeaufsichtsamt oder die Ämter für Arbeitsschutz) über die Schwangerschaft informieren. Darüber hinaus muss er den Namen der Schwangeren, den Entbindungstermin, die Arbeitszeit und die Art der Tätigkeit der Schwangeren mitteilen.
Die Aufsichtsbehörden stehen dem Arbeitgeber und der schwangeren Arbeitnehmerin beratend zur Verfügung.
Es ist eine spezielle Gefährdungsbeurteilung durchzuführen und alle Tätigkeiten der schwangeren Mitarbeiterin müssen auf mögliche gesundheitliche Risiken überprüft werden. Sollte sich herausstellen, dass Gesundheit oder Leben von Mutter oder Kind gefährdet sind, sind geeignete Schutzmaßnahmen zu ergreifen. Rangfolge geeigneter Schutzmaßnahmen bei vorliegender Gefährdung sind Änderung der Arbeitsbedingungen, Arbeitsplatzwechsel, Beschäftigungsverbot.
Besonders zu beachten sind die Gesundheitsrisiken durch Infektionsgefahr, wenn die Mitarbeiterin in Kindertagesstätten oder auch mit Kindern im Vorschulalter arbeitet. Hierbei ist der individuelle Immunstatus der Schwangeren zu berücksichtigen, insbesondere folgende Infektionsgefährdungen sind zu prüfen:
- Röteln (Risiko bis zum Ende der 20. Schwangerschaftswoche)
- Ringelröteln
- Zytomegalie
- Windpocken, Masern, Mumps
- Hepatitis B, Keuchhusten, Influenza, Scharlach, Hepatitis A (falls erhöhter Infektionsdruck durch konkretem Auftreten der Erkrankung im Umfeld)
Eine individuelle Gefährdung kann durch Erhebung des Immunstatus durch den behandelnden Gynäkologen oder einen Betriebsarzt festgestellt werden. Mittels eines entsprechenden Attests macht er dem Arbeitgeber Mitteilung darüber, ob die Mitarbeiterin weiter an ihrem Arbeitsplatz beschäftigt werden darf bzw. bei Schwangeren mit nicht ausreichender Immunität, welche Schutzmaßahmen zu ergreifen sind, z.B. Arbeitsplatzwechsel, Kontakt- oder Beschäftigungsverbot. Dies kann zeitweise oder für die gesamte Schwangerschaft notwendig sein. Die Kosten der Untersuchung trägt der Arbeitgeber.
Bei sicherer Immunität gegen schwangerschaftsrelevante Infektionskrankheiten steht einer Weiterbeschäftigung der Schwangeren nichts entgegen. Nicht zu berücksichtigen sind auch Gefährdungen, welche ein allg. Lebensrisiko darstellen - die allg. Gefahr sich eine Erkältung zuzuziehen, löst daher noch keine mutterschutzrechtlichen Schutzmaßnahmen aus.
Nach Gefährdungsbeurteilung: Liegt eine unverantwortbare Gefährdung am Arbeitsplatz vor, welche auch durch Änderung der Arbeitsbedingungen nicht auszuschließen ist, ist ein Beschäftigungsverbot auszusprechen. Der Arbeitgeber stellt die Schwangere selbständig ganz oder teilweise von der Arbeit frei; das Entgelt (Mutterschutzlohn) ist fortzuzahlen. Der Arbeitgeber bekommt die Entgeltleistungen seitens der Krankenkassen voll erstattet (U2-Verfahren).
Bis zur Feststellung des Immunstatus kann auch vorsichtshalber ein vorläufiges Beschäftigungsverbot ausgesprochen werden.
Davon zu unterscheiden ist das ärztliche Beschäftigungsverbot. Es wird vom behandelnden Arzt ausgesprochen, falls auf Grund der individuellen Gesundheit der Schwangeren oder des Kindes eine Gefährdung festgestellt wird. Notwendig ist ein ärztliches Attest. Auch im Fall dieses schwangerschaftsbedingten Beschäftigungsverbotes erstattet die Krankenkasse zu 100% den fortgezahlten Lohn.
Ab sechs Wochen vor der Entbindung ist eine Beschäftigung werdender Mütter grundsätzlich verboten. Der Arbeitgeber muss aktiv auf die Einhaltung der Frist hinwirken und darf die Frau nur dann beschäftigen, wenn sie sich hierzu ausdrücklich bereit erklärt hat. Diese Erklärung kann jederzeit widerrufen werden.
Nach der Entbindung beläuft sich die Schutzfrist auf acht Wochen, die sich bei Mehrlings- oder Frühgeburt sowie bei der Geburt eines behinderten Kindes auf 12 Wochen verlängert.
Lohnersatzleistung erfolgt durch Krankenkassen (Mutterschutzgeld) und Arbeitgeber (Zuschuss zum Mutterschaftsgeld); der Arbeitgeberzuschuss ist wiederrum über das U2-Verfahren erstattungsfähig.
Vom Beginn der Schwangerschaft bis zum Ende der Schutzfrist nach der Entbindung ist eine Kündigung des Beschäftigungsverhältnisses unzulässig. Kündigungsverbot gilt, wenn die Schwangerschaft bekannt ist oder innerhalb von zwei Wochen nach Zugang der Kündigung bekannt gemacht wird.
Der Kündigungsschutz setzt sich fort, falls im Anschluss Elternzeit in Anspruch genommen wird.
In besonderen Fällen (z.B. Betriebsstillegung) kann mit vorheriger Zustimmung der Aufsichtsbehörde eine Kündigung zulässig sein.