Pragmatische Störungen
Unter Pragmatik wird die Fähigkeit verstanden, sprachliche (Laute, Wörter, Sätze) und nicht-sprachliche (Gestik, Mimik) Zeichen in der Interaktion (z. B. in einem Gespräch) so zu vermitteln und zu verstehen, wie es die jeweilige Situation erfordert. Kinder lernen im Laufe der Entwicklung zwischen Bekanntem und Unbekanntem zu unterschieden, ihre Vorlieben zu äußern und mit anderen in Kontakt zu treten, abzuwarten oder auch ein Gespräch zu initieren. Später können sie Fragen oder auch Forderungen stellen, auf Fragen antworten oder Missverständnisse klären. Sie lernen sich auf unterschiedliche Personen und Situationen einzustellen und sich entsprechend zu verhalten. Kinder mit einer pragmatischen Störung können folgende Symptome zeigen: geringer Blickkontakt, reduzierte Gestik und Mimik, häufige Echolalien (Nachsprechen), geringe Aufmerksamkeit (Zuhören), kein Interesse an bzw. Vermeiden von Kontaktaufnahme bzw. Gesprächen oder mangelnde Fähigkeit die Perspektive des Gesprächspartners einzunehmen oder sich sprachlich eindeutig zu äußern ("das kann man machen").
Pragmatische Störungen können isoliert oder infolge einer Sprachentwicklungsstörung auftreten. Sie sind kennzeichnend z.B. bei Autismus.
Dazu liegen derzeit keine verlässlichen Daten vor.
Im Rahmen der logopädischen Untersuchung wird mit den Eltern ein „Anamnesegespräch“ geführt, um eine Einschätzung zur allgemeinen, z.B. zu besonderen Ereignissen im Leben des Kindes (z. B. Krankenhausaufenthalte) und Sozialkontakten, und sprachlichen Entwicklung des Kindes zu erhalten. Dies erlaubt einen umfassenden Einblick in die Lebensbedingungen des Kindes, die bei der Therapieplanung berücksichtigt werden. Es ist optimal, wenn das Anamnesegespräch nicht in Anwesenheit des Kindes und zeitlich vor der Untersuchung geführt wird. So hat die Untersucherin Zeit sich entsprechend vorzubereiten, z.B. für die Auswahl von Spielmaterialien, die den Interessen des Kindes entsprechen, oder von Test- und Screeningverfahren, mit deren Hilfe die von den Eltern beschriebenen sprachlichen Auffälligkeiten gezielt untersucht werden können. In einem Freispiel oder Gespräch wird zunächst der Kontakt zum Kind aufgebaut, gleichzeitig erlaubt die Gesprächs -/Spielsituation auch eine Einschätzung der sprachlichen Fähigkeiten, d.h. wie das Kind in Kontakt zur Untersucherin tritt, Laute ausspricht, welche Wörter und Äußerungen (Sätze) es verwendet. In der Regel wird mit einer „Checkliste“ zur Einschätzung der pragmatischen Fähigkeiten eines Kindes, eine Beschreibung der Kompetenzen durchgeführt und in Hinblick auf das Entwicklungsalter eingeschätzt.
Kennzeichen logopädischer Kindertherapie ist das prozessorientierte Vorgehen. Alle Kinder befinden sich zum Zeitpunkt der Therapie noch in der Entwicklung, d.h. ihre pragmatischen Fähigkeiten verändern sich fortlaufend. Therapeutinnen passen die Therapie diesen Veränderungen an, um erfolgreich arbeiten zu können. Pragmatische Kompetenzen werden in der Regel in Rollenspielen (Therapieraum) und in „In-Vivo“-Situationen (Realität) erarbeitet.
Eltern, die sich Sorgen wegen der pragmatischen Entwicklung ihres Kindes machen, sollten sich auf jeden Fall beraten lassen, entweder von ihrem Kinderarzt oder von einer Beratungsstelle, wie z.B. Sozialpädiatrische Zentren, Frühförderstellen, Sprach(heil)ambulanzen bzw. logopädische Dienste in Gesundheitsämtern. Eine erste Hilfe bietet der Flyer "Sprich mit mir" oder auch die Informationen auf der Webseite "ww.sprich-mit-mir.org".
Literaturhinweise
de Langen-Müller, U., Kauschke, C., Kiese-Himmel, C., Neumann, K., Noterdame, M. (Hrsg.) (2012). Diagnostik von (umschriebenen) Sprachentwicklungsstörungen. Sprachentwicklung – Verlauf, Störung, Intervention 7, Kiese-Himmel, C. (Hrsg.), Frankfurt/Main: Peter Lang
Kauschke, C. (2012). Kindlicher Spracherwerb im Deutschen. Verläufe, Forschungsmethoden, Erklärungsansätze. Berlin: de Gruyter
Speen-Rauscher, M. (2007). Pragmatik. In: Schöler, H., Welling, A. (Hrsg.). Sonderpädagogik der Sprache. Band 1 Handbuch Sonderpädagogik. Göttingen: Hofgrefe, S. 588-601
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